News Algerien

Sarkozys Algerien-Politik: Zaudernd an Bouteflikas Seite
www.faz.net am 18.02.2011 um 12:03 (UTC)
 Auch in Algerien streiken und protestieren die Menschen. Mit höchstem Aufwand begegnen die Sicherheitskräfte den Demonstranten. Frankreich ist beunruhigt. Sarkozy hütet sich zwar, Präsident Bouteflika Ratschläge zu erteilen. Doch ist die Beziehung alles andere als harmonisch.

18. Februar 2011 Frankreich blickt gebannt nach Algerien. Die „Nationale Koordination für Veränderung und Demokratie“ (CNCD) hat dort für Samstag zu neuen Protesten gegen das „System Bouteflika“ aufgerufen. In den Universitätsstädten Oran, Boumèrdes und Blida streiken die Studenten. Die Staatsführung unter Präsident Abdelaziz Bouteflika vermittelt in Paris aber den Eindruck, das Land unter Kontrolle zu haben. Ministerpräsident Ahmed Ouyahia bestätigte am Mittwochabend, dass der seit 1992 geltende Ausnahmezustand binnen Monatsfrist aufgehoben werde.

Am Wochenende hatte das Militärregime 30.000 Polizisten auf dem Platz des 1. Mai in Algier gegen die maximal 2000 Demonstranten aufgeboten, die sich dem Versammlungsverbot widersetzt hatten. Der algerische Außenminister Morad Medelci sagte danach dem französischen Radiosender Europe 1: „Algerien ist nicht Tunesien. Algerien ist nicht Ägypten.“ Die Proteste gingen von einer Minderheit aus, sagte der Außenminister, und sie würden von Kundgebung zu Kundgebung nicht erfolgreicher werden.

Sarkozy zaudert im Umgang mit Algerien

Auf die französische Staatsführung wirkten diese Äußerungen beruhigend. Staatspräsident Sarkozy hat öffentlich eingestanden, dass Frankreich auf den Wandel in Tunesien und Ägypten nicht gefasst gewesen ist. Er fragt sich, welchen Kurs er in der Nordafrikapolitik einschlagen soll. Gerade mit Blick auf Algerien zaudert der Präsident. Die Beziehung zu Bouteflika ist alles andere als harmonisch. So verlangte Bouteflika Sarkozy viel Langmut ab, als er kurz vor dem Antrittbesuch des französischen Präsidenten in Algier im Dezember 2007 seinen Veteranenminister behaupten ließ, Sarkozy verdanke seine Wahl der „jüdischen Lobby“. Algier fordert weiterhin eine öffentliche Entschuldigung von Paris für die „Verbrechen der Kolonialherrschaft“.

Das Angebot Sarkozys, Algerien zum wichtigsten Stützpfeiler der „Union für das Mittelmeer“ aufzubauen, schlug Bouteflika aus. Dennoch machte sich Sarkozy zum Anwalt des von Misswirtschaft und Korruption geprägten Militärregimes, als Bouteflika sich im April 2009 ein drittes Mal um die Präsidentschaft bewarb. Wie aus den von Wikileaks veröffentlichten amerikanischen Botschaftsdepeschen hervorgeht, leistete Sarkozy auch gegenüber skeptischen europäischen und amerikanischen Verantwortlichen Überzeugungsarbeit. Bouteflika sei der beste Garant für Stabilität und für eine funktionierende Terrorbekämpfung in Algerien, warb er.

Die französischen Staatspräsidenten haben ihre Schutzmachtrolle für Algerien eben nie ganz aufgegeben. Im Kolonialreich hatten die beiden in die Strukturen des Mutterlands einverleibten algerischen Départements eine Sonderstellung. Fast ein halbes Jahrhundert nach der Vereinbarung von Evian, die den Algerienkrieg beendete, bleibt die algerisch-französische Beziehung speziell. Etwa vier Millionen Franzosen stammen aus Algerien, eine weitere halbe Million Algerier leben mit Aufenthaltsgenehmigung in Frankreich. Paris hat es vereitelt, dass sich algerische Regimegegner zu einem demokratischen Widerstandsrat auf französischem Boden zusammenschlossen. Führer der Islamischen Heilsfront (FIS), die nach dem mit französischer Geheimdiensthilfe eingefädelten Staatsstreich 1992 aus Algerien flohen, wurden erst gar nicht aufgenommen.

Sarkozy hütet sich, Bouteflika Ratschläge zu erteilen
Den Ruf nach mehr Demokratie in Algerien konterte Paris mit Schreckensbildern von einer algerischen Mullah-Republik und einem Zustrom Zehntausender Asylbewerber. Bei alledem blieb Frankreich Algeriens wichtigster Handelspartner, auch wenn China gewaltig aufgeholt hat. Französische Unternehmen haben 2010 Waren im Wert von fünf Milliarden Dollar nach Algerien exportiert.

Sarkozy hütet sich, Bouteflika Ratschläge zu erteilen. Obwohl er in seinen Wahlkampfreden regelmäßig von Frankreich als Mutterland der Menschenrechte schwärmte, mag er diese Botschaft nicht an die algerische Öffentlichkeit richten. Erst nachdem das amerikanische Außenministerium, das Europäische Parlament und Außenminister Westerwelle die algerische Staatsführung vor Gewaltanwendung gegen Demonstranten gewarnt und zum Respekt der Meinungs- und Versammlungsfreiheit aufgerufen hatten, ließ sich auch Paris vernehmen.

Außenamtssprecher Bernard Valéro mahnte an, dass die „Meinungsfreiheit respektiert wird und Demonstrationen frei und ohne Gewalt verlaufen“. Die Antwort des algerischen Ministerpräsidenten Ouyahia ließ nicht lange auf sich warten. Er verbitte sich „ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten“. „Die Algerier sind in ihrem Land frei und akzeptieren von niemanden Befehle“, sagte der Ministerpräsident.

 

Flächenbrand Nordafrika: Ausschreitungen in Algerien
www.rtl.de am 12.02.2011 um 12:13 (UTC)
 Demonstrationen in Algier
Nach den erfolgreichen Volksaufständen in Tunesien und Ägypten ist die Lage in weiteren Staaten Nordafrikas angespannt. Der Flächenbrand scheint als nächstes auf Algerien überzugreifen. Beflügelt von den Ereignissen in Tunis und Kairo ist der Zorn gegen die Herrschaft Bouteflikas in den vergangen Wochen immer weiter angewachsen – jetzt kommt es auf den Straßen Algiers zu ersten Ausschreitungen.

In der algerischen Hauptstadt versuchen Sicherheitskräfte mit Gewalt, eine Demonstration von Regimegegnern zu verhindern. Am Startpunkt des nicht genehmigten Protestmarsches in der Innenstadt prügelten Polizisten mit Schlagstöcken auf Demonstranten ein. Zahlreiche Personen, darunter auch Oppositionspolitiker, seien festgenommen worden, berichteten Augenzeugen vor Ort. Über Verletzte gab es zunächst keine Angaben.

Die algerische Staatsspitze hatte die Hauptstadt Algier bereits am Morgen komplett abriegeln lassen. Rund 30 000 Sicherheitskräfte sollen im Einsatz sein. Der Zugverkehr wurde ausgesetzt, zahlreiche Straßensperren behinderten den Verkehr, berichtete die Zeitung 'El Watan' im Internet. In vielen Stadtteilen seien gepanzerte Lastwagen und Geländewagen der Sicherheitskräfte aufgefahren.

Sehnsucht nach mehr Demokratie
Größere Gruppen von Regimegegnern wurden auf dem Weg zum Startplatz der Demo umzingelt und am Weitergehen gehindert. Einige hundert von ihnen schafften es aber dennoch auf den Platz des 1. Mai. Sie forderten friedlich den Rücktritt des autoritären Präsidenten Abdelaziz Bouteflika und einen demokratischen Wandel. Regimefreundliche Gegendemonstranten konnten sich ungehindert bewegen. Sie provozierten die Oppositionellen mit Pro-Bouteflika-Rufen.

Zahlreiche Menschen im Land sehnen sich nach besseren Lebensverhältnissen, nach mehr Demokratie und Chancengleichheit. Zu der Demonstration an diesem Samstag hatte bereits vor etlichen Tagen ein Bündnis von Oppositionsvertretern aufgerufen.
 

Algier: Polizisten prügeln auf Demonstranten ein
www.focus.de am 12.02.2011 um 12:10 (UTC)
 Algerien will Entwicklungen wie in Tunesien und Ägypten im Keim ersticken. Ein Protestmarsch von Regierungsgegnern wurde nicht genehmigt. Als die Demonstranten dennoch loszogen, ging die Polizei gewaltsam gegen sie vor.
Am Startpunkt des nicht genehmigten Protestmarsches im Zentrum der Hauptstadt Algier prügelten Polizisten am Samstag mit Schlagstöcken auf Demonstranten ein. Zahlreiche Personen, darunter auch Oppositionspolitiker, seien festgenommen worden, berichteten Augenzeugen vor Ort. Über Verletzte gab es keine Angaben.

Die algerische Staatsspitze hatte die Hauptstadt Algier bereits am Morgen komplett abriegeln lassen. Rund 30 000 Sicherheitskräfte sollen im Einsatz sein. Der Zugverkehr wurde ausgesetzt, zahlreiche Straßensperren behinderten den Verkehr, berichtete die Zeitung „El Watan“ im Internet. In vielen Stadtteilen seien gepanzerte Lastwagen und Geländewagen der Sicherheitskräfte aufgefahren.


Regimefreundliche Gegendemonstranten ungehindert
Größere Gruppen von Regimegegnern wurden auf dem Weg zum Startplatz der Demo umzingelt und am Weitergehen gehindert. Einige Hundert – nach Angaben eines Reporters der Nachrichtenagentur AFP sogar bis zu 2000 – von ihnen schafften es aber dennoch auf den Platz des 1. Mai. Sie forderten friedlich den Rücktritt des autoritären Präsidenten Abdelaziz Bouteflika und einen demokratischen Wandel. Regimefreundliche Gegendemonstranten konnten sich ungehindert bewegen. Sie provozierten die Oppositionellen mit Pro-Bouteflika-Rufen.

Bereits am Freitag waren Sicherheitskräfte in Algier mit Gewalt gegen eine spontane Freudenfeier zum Rücktritt von Ägyptens Staatschef Husni Mubarak vorgegangen, nach Oppositionsangaben wurden dabei mehrere Menschen verletzt und rund ein Dutzend weitere festgenommen.

Wie in zahlreichen anderen arabischen Staaten hatten auch in Algerien zu Jahresbeginn viele Menschen gegen hohe Lebenshaltungskosten und Arbeitslosigkeit protestiert, bei den Protesten kamen fünf Menschen ums Leben. Beflügelt von den Ereignissen in Tunis und Kairo wuchs in Algerien der Zorn gegen die Herrschaft Bouteflikas in den vergangenen Wochen immer weiter an. Zu dem Demonstrationszug am Samstag hatte die Nationale Koordinierung für den Wandel und die Demokratie (CNCD) aufgerufen, ein Bündnis aus Oppositionsparteien, unabhängigen Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Akteuren.
 

Proteste erschüttern algerisches Regime
http://www.wsws.org/de/2011/feb2011/alge-f11.shtml am 11.02.2011 um 11:27 (UTC)
 Ein nationaler Streik im Gesundheitsdienst Algeriens gegen das Militärregime von Präsident Abdelasis Bouteflika wurde gestern in Algerien fortgesetzt. Proteste von arbeitslosen Jugendlichen und Arbeitern breiteten sich im ganzen Land aus.

Das Bouteflika-Regime wird von einer Welle revolutionärer Arbeiterkämpfe in Nordafrika und dem Nahen Osten, besonders in Ägypten und Tunesien, erschüttert. Einem Kommuniqué der herrschenden Nationalen Befreiungsfront (FLN) vom 5. Februar zufolge will Bouteflika die Notstandsgesetzte aufheben, die vor neunzehn Jahren, zu Beginn des algerischen Bürgerkriegs, verhängt worden waren.

Im letzten Monat rebellierte die Jugend in Algerien gegen hohe Lebensmittelpreise und die Kürzung staatlicher Subventionen, sowie gegen steigende Lebensmittelpreise auf dem Weltmarkt.

Gestern setzten Krankenschwestern und –pfleger und Sanitäter den am Vortag begonnenen unbegrenzten Streik fort. Das streikende Personal garantierte nur einen minimalen Notdienst in Krankenhäusern und Ambulanzen. Das Regime lehnt es ab, mit der kleineren Algerischen Sanitäter Gewerkschaft (SAP) zu verhandeln, und zieht es vor, sich mit der offiziellen UGTA auseinanderzusetzen.

Die Beschäftigten im Gesundheitsdienst haben wenig Vertrauen in Verhandlungen mit den Behörden. Auf einem Plakat vor der Klinik für Brandverletzungen in Algiers stand: „Spart es euch, Versprechungen am Laufmeter abzugeben.“

Medienberichten zufolge beteiligt sich die große Mehrheit der Beschäftigten im Gesundheitswesen an dem Streik. Sie verlangen Lohnerhöhungen, eine Ausbildung an der Universität und die Wiedereinstellung entlassener Gewerkschaftsdelegierter.

SAP-Sprecher Lounes Ghachi erklärte: “Krankenhausdirektoren erhielten die Weisung, den Streik mit Drohungen und Einschüchterung zu beenden, aber es ist ihnen nicht gelungen, die Entschlossenheit des Hilfspersonals zu brechen.”

Gestern protestierten entlassene Zeitarbeiter vor dem staatlichen Chemiewerk ENAD in Sour-El-Ghozlane und verlangten ihre Arbeitsplätze zurück. Die Entlassungen fingen im März letzten Jahres an. Interviews in Liberté zufolge drohen die Arbeiter mit Selbstmord, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden.

Der Werksleiter sagte zu Liberté, er lehne es ab, die Arbeiter wieder einzustellen: “Ich habe nie versprochen, sie wieder einzustellen”, sagte er.

Arbeitslose Jugendliche blockieren die Nationalstraßen (RN), die einige große algerische Städte miteinander verbinden. Jugendliche in Naciria und Bordj-Menaïel (Boumerdès) blockierten gestern die Nationalstraße 12 und forderten Arbeitsplätze und ein monatliches Arbeitslosengeld von 12.000 DA (ca. 120 Euro).

An den Vortagen gab es Berichte über gewalttätige Zusammenstöße zwischen der Polizei und arbeitslosen Jugendlichen, die auf der RN 12 bei Naciria zwischen Skikda und Constantine Arbeitsplätze verlangten. Die Polizei ging auch auf der Straße von Algier nach Tizi Ouzou gegen 200 Jugendliche vor.

Arbeiter der Milchfabrik “La Vallée” in Tazmalt haben die Straße von Bajaia nach Algier gesperrt und fordern die Wiedereinstellung von vierzig Arbeitern, die entlassen worden waren, als die Nachfrage nach Milchpulver zurückging.

Das ganze politische Establishment bereitet sich auf einen Aufschwung sozialer Kämpfe in Algerien vor. Es gibt Berichte über die Lieferung großer Mengen Tränengas und Kampfausrüstungen für Polizisten, die im Hafen von Algier eintreffen. Um den Unmut unter Arbeitern und Jugendlichen in für die algerische Elite harmlose Kanäle zu lenken, hat die offizielle „Opposition“ schließlich doch noch zu einer Protestkundgebung aufgerufen.

Für den 12. Februar plant die Nationale Koordination für Wandel und Demokratie (CNCD) eine eintägige Demonstration in Algier. Die CNCD ist eine Koalition aus Menschenrechtsgruppen, Gewerkschaften und offiziellen Oppositionsparteien, die vom Bouteflika-Regime toleriert werden, ähnlich der Sammlung für Kultur und Demokratie (RCD). Die Behörden in Algier haben eine offizielle Erlaubnis für die Demonstration verweigert, aber die CNCD erklärt, sie werde dennoch demonstrieren.

Es scheint, dass die Behörden die Demonstration nutzen wollen, um unzufriedene Jugendliche zu identifizieren und das Ausmaß der Opposition gegen das Regime zu testen. Radio Kalima zufolge organisieren Vertreter örtlicher Behörden Treffen mit Jugendlichen und „Jugendgruppen“, die möglicherweise an der Kundgebung teilnehmen könnten, um sie von einer Teilnahme abzubringen.

“Berichte über diese Diskussionen werden den Bürgermeistern in Algier vorgelegt, die sie sofort an das Innenministerium weiterleiten, das die Operation gegen die Kundgebung am 12. Februar koordiniert“, berichtete der Sender.

Die Hauptfurcht des Regimes und der offiziellen Opposition ist, dass die Arbeiterklasse, wie in Ägypten, massenhaft den Weg des revolutionären Kampfs gegen das Regime beschreitet.

In einem Interview mit der führenden Tageszeitung El Watan sagte der Rechtsanwalt und Menschenrechtsaktivist Mokrane Ait Larbi: „Man braucht kein Hellseher zu sein, um zu sehen, dass das Regime keine breite Legitimation genießt, und dass die Opposition schwach und diskreditiert, sprich: nicht existent ist.“

Larbi fügte hinzu: “Die Veränderung des Systems durch eine Aufstandsbewegung kann nicht ausgeschlossen werden.” Er hoffe, dass eine Veränderung „friedlich“ geschehen werde.

Die Äußerungen zeigen, dass die privilegierten kleinbürgerlichen Schichten Angst vor einer unabhängigen Bewegung der Arbeiterklasse haben. Noch deutlicher war ein pessimistischer Artikel des RCD-Führers Said Saidi in Causeur.

“2010 gab es in Algerien 9.700 Fälle von oppositionellem Aufruhr unterschiedlicher Größe“, schrieb Saidi. „Nimmt man hinzu, dass die Mittelschichten, die in Tunesien die Revolution begleiteten und kanalisierten, in Algerien praktisch nicht existieren, dann sind die Konsequenzen klar. Die Sturköpfigkeit des Regimes und die lang unterdrückte Erbitterung im Volk kann zu einer Explosion führen, die beispiellose nationale und regionale Konsequenzen hat.“

In seinem Artikel mit der Überschrift “Algerien: die historische Sackgasse” brachte Saidi die Philosophie des bürgerlichen Nationalismus in Ägypten auf den Punkt, die auch die Philosophie der FLN im Krieg gegen den französischen Imperialismus und seine eigene war.

“Das junge und noch unsichere algerische Nationalbewusstsein entstand im Widerstand gegen die [französischen] Kolonialherren, welche die gesellschaftlichen Normen und Gemeinschaftswerte zerstörten“, erklärte er. „Als die größer gewordenen Mittel dem [gegenwärtigen] Regime noch üblere Raubzüge ermöglichten, brachte dies eine Wut hervor, die der Exodus von Managern und Jugendlichen nicht verwässern konnte. Die Wahrheit ist: wir stecken in einer historischen Sackgasse.“

Das ist in der Tat die historische Situation, mit der es die Militärregimes in Nordafrika, ihre offiziellen „Oppositionsparteien“ und ihre Anhängsel, die „Menschenrechts“-Gruppen, zu tun haben. Und die Arbeiterklasse geht in der ganzen Region in revolutionäre Kämpfe.
 

In Algerien gärt es seit vielen Jahren
www.badische-zeitung.de am 11.02.2011 um 11:20 (UTC)
 NORDAFRIKA IM UMBRUCH (IV): Die Opposition ruft zu einer Massendemonstration auf / Selbstverbrennungen wie in Tunesien.



Der wachsende Protest in Algerien hat ein Motto: "Weg mit dem Regime." Seit Wochen rüstet sich die Opposition für jenen Tag, an dem in der algerischen Hauptstadt Algier das Signal zum Aufbruch in eine neue Zeit gegeben werden soll. Mehr als 50 Oppositionsgruppen und Bürgerinitiativen haben sich in einem "Koordinations-Komitee für Wechsel und Demokratie" zusammengeschlossen: Am Samstag, 12. Februar, wollen sie ihren Machthabern und der Welt mit einer Massendemonstration zeigen, dass auch in Algerien der Wunsch nach Freiheit, sozialer Gerechtigkeit und politischen Perspektiven übermächtig ist.

Und dass die Algerier bereit sind, dafür den Staat herauszufordern. "Protestmärsche in Algier sind verboten", verkündet grimmig Innenminister Daho Ould Kablia. Er ist entschlossen, das Demonstrationsverbot auch durchzusetzen. So wie er es bereits im Januar befahl, als Kundgebungen in Algier und anderen Städten gegen hohe Lebensmittelpreise sowie gegen die "Korruption des Regimes" niedergeknüppelt wurden.

Mindestens fünf Tote – die Opposition spricht sogar von 20 Todesopfern – und Hunderte Verletzte soll es damals gegeben haben; mehr als 1000 Menschen wurden verhaftet. Der stellvertretende Regierungschef Nureddine Jasid Serhuni warnt die Bevölkerung : Wer zum Protest aufrufe, müsse "die Verantwortung übernehmen, falls die Dinge aus dem Ruder laufen". Das ist kein gutes Omen für Algeriens kommenden "Tag des Zorns" in Algier, an dem Polizei und Militär die nordafrikanische Mittelmeer-Metropole, in der 2,2 Millionen Menschen leben, zur Festung machen wollen.

Auch in Algerien gab es Selbstverbrennungen

Schon seit Tagen gärt es in dem rohstoffreichen Riesenland, das flächenmäßig das zweitgrößte des ganzen afrikanischen Kontinents ist: Ärzte, Krankenschwestern, Lehrer und der öffentliche Dienst streiken, Arbeitslose demonstrieren. Um die Stimmung anzuheizen, bedurfte es nicht der Aufstände im Nachbarland Tunesien oder in Ägypten. In Algerien gibt es seit Jahren starke soziale Unruhen und immer wieder Terroranschläge gegen das Regime von Staatspräsident Abdelaziz Bouteflika (73), der seit 1999 an der Macht ist.

Kein nordafrikanisches Land hat derart unter Gewalt gelitten wie Bouteflikas Wüstenstaat. In Algerien wird seit dem gewaltsam unterdrückten Wahlsieg der Islamischen Heilsfront Ende 1991 per Ausnahmezustand regiert. Der sich daran anschließende jahrelange Bürgerkrieg zwischen den militanten Islamisten und dem vom Militär getragenen Regime hinterließ in den 90er Jahren mehr als 200 000 Tote.

Milliardeneinnahmen aus dem profitablen Erdgasgeschäft kommen nicht bei der verarmten Bevölkerung an, sondern versickern in dunklen Kanälen. Die Mehrheit der 35 Millionen Algerier lebt im Elend. Dem Internationalen Währungsfonds zufolge sind 75 Prozent der Algerier jünger als 30 Jahre. Mehr als 20 Prozent von ihnen sind arbeitslos. Hinzu kommt eine große Wohnungsnot. Dabei ist Algerien das größte Exportland Afrikas und der drittgrößte Gaslieferant Europas.

Ähnlich wie in Tunesien gab es auch in Algerien Selbstverbrennungen von verzweifelten Menschen. So starb ein 26-jähriger junger Mann, nachdem er sich in dem Ort Medjana, 230 Kilometer südöstlich von Algier, mit Benzin übergossen und angezündet hatte. Er sei arbeitslos und ohne Wohnung gewesen, schreibt die algerische Zeitung El Watan. Zwei weitere Algerier suchten in den vergangenen Wochen in einem Akt der Verzweiflung öffentlich den Freitod. Die lokalen Zeitungen berichten über mindestens 13 weitere versuchte Selbsttötungen.

Vermutlich weil Bouteflika und seine Generäle ahnten, wie schnell die kleineren Proteste gegen das Regime in einem Aufstand der Massen münden könnten, machten sie den vor zwei Jahrzehnten verhängten Ausnahmezustand zum Dauerzustand. Nachdem, was in Tunesien und Ägypten aber passierte, kamen Bouteflika wohl doch Zweifel, ob Unterdrückung der beste Weg ist, das Land ruhig zu halten. Deshalb versprach Bouteflika nun, "in naher Zukunft" das Ausnahmerecht aufzuheben. Doch seinen regelmäßigen Versprechen, Algerien zu demokratisieren und mehr Freiheiten zu gewährleisten, glauben die meisten Algerier schon lange nicht mehr.


Opposition spricht von antidemokratischem System

Algeriens politische Führung sei ein "anti-demokratisches Regime", urteilt die Oppositionspartei RCD. "Ursprünglich war das Ausnahmerecht verhängt worden, um politische Gewalt und Terrorismus zu bekämpfen", sagt Mostefa Bouchachi, Präsident der Algerischen Menschenrechtsliga. "Heute wird es gegen das Volk eingesetzt", um jede Meinungsäußerungen und Proteste zu ersticken.

 

Algerien: Opposition rüstet zur Revolution
http://www.oe24.at/welt/weltpolitik/Algerien-Opposition-ruestet-zur-Revolution/17318698 am 09.02.2011 um 20:35 (UTC)
 Die Opposition hält sogar einen blutigen Bürgerkrieg für möglich.

Erst Tunesien, dann Ägypten und als nächstes Algerien? Auch im größten Land Nordafrikas scheint sich eine Revolution anzubahnen. Im Schatten der Ereignisse in Tunis und Kairo wächst in Algerien der Zorn gegen die autoritäre Herrschaft von Präsident Abdelaziz Bouteflika. Für diesen Samstag haben Systemgegner trotz eines Demonstrationsverbots zu einem großen Protestmarsch durch die Hauptstadt Algier aufgerufen. Seit Wochen machen nahezu täglich immer wieder Menschen mit Selbstverbrennungen und Hungerstreiks auf die Perspektivlosigkeit in ihrem Land aufmerksam.

Freiheit und Demokratie
Die Forderungen der Oppositionellen sind klar. Sie streben genauso nach Freiheit und Demokratie wie die Menschen in Tunesien und Ägypten. "Wir verlangen einen grundlegende Änderung des politischen Systems, wie es seit (der Unabhängigkeit) 1962 existiert. Ein von der Korruption durchdrungenes System wird sich nicht selbst reformieren können", sagt der Menschenrechtler Khelil Abdelmoumen. Zusammen mit anderen Oppositionellen hat der Generalsekretär der algerischen Menschenrechtsliga LADDH den Protestmarsch organisiert. "Wir schauen zu, wie die Bevölkerung in den arabischen Ländern aufsteht. Wir können nicht außen vor bleiben."

19 Jahre Ausnahmezustand
Aus Angst um seine Macht hat Präsident Bouteflika bereits weitreichende Versprechungen gemacht. "In naher Zukunft" solle der seit 19 Jahren geltende Ausnahmezustand aufgehoben werden; Oppositionelle würden im nationalen TV und Rundfunk künftig gleichberechtigt behandelt werden, sicherte der autoritäre Staatschef vergangene Woche zu. Zuvor hatte die Regierung Preissenkungen für Grundnahrungsmittel wie Zucker und Speiseöl in Aussicht gestellt.

Demonstrationsverbot
Beruhigen konnte das jedoch kaum jemanden - zumal das Demonstrationsverbot für die Hauptstadt Algier weiterbestehen bleibt. Bei ersten Massenunruhen im Jänner knüppelte die Polizei Demonstranten nieder und setzte Tränengas ein. "Die Macht ist Mord" und "Bouteflika verschwinde" hatten die wütenden Protestler skandiert.

 

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Sarkozys Algerien-Politik
Zaudernd an Bouteflikas Seite
(17.2.2011)

Algier: Polizisten prügeln auf
Demonstranten ein (12.2.2011)

In Algerien gärt es seit vielen Jahren
(11.2.2011)

Der Segen des Erdöls ist Algeriens
Fluch (7.2.2011)

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